Tag des offenen Denkmals 2018 - ENTDECKEN, WAS UNS VERBINDET

Das Motto des diesjährigen Tags des offenen Denkmals gibt uns die Gelegenheit, bei einem Spaziergang durch Osterwieck in den Sehenswürdigkeiten der Stadt nicht nur interessante, großartige oder liebenswerte Fotomotive zu sehen, sondern zu überlegen, wo es Vorbilder dazu gibt, welche historischen Ereignisse Spuren hinterlassen haben. Baudenkmale sind lebendige Geschichtszeugen, und wir machen uns auf den Weg, um sie zu entdecken und zu erkennen, was uns mit ihnen verbindet.

Ein paar Beispiele dazu:

In Deutschland begann die Fabrikation preiswerter Fertighäuser im nordischen Drachenstil um 1892 in der „Zimmerei und Tischlerei mit mechanischem Betrieb, Fabrikation Nordischer Blockhäuser W.Witte, Osterwieck/Harz“ in der Ernst-Thälmann-Str. 9.Der große Fabrikschornstein erinnert noch heute daran. Sommerhäuser einer städtischen Oberschicht in Luftkurorten, z.B. Hahnenklee, wurden aus Osterwiecker Fertigbauteilen errichtet. Und die Kapelle der ehemaligen Lungenheilanstalt Albrechtshaus, die sehenswerte kleine Stabkirche bei Stiege im Harz, nicht zu verwechseln mit der großen in Hahnenklee, ist 1905 in Osterwieck vorgefertigt worden.

Das große farbig gefasste Steinepitaph des Lippold XIII. von Rössing in der Stephanikirche ist eines der Hauptwerke Jürgen Spinnrads. Neben weiteren Werken in Braunschweig, Marienborn, Drübeck, Wernigerode und im Kreuzgang des Domes zu Halberstadt schuf er auch in der Hauptkirche von Wolfenbüttel die Grabsteine für Herzog Heinrich d. J. und seine Söhne.

Ein zweifach wandelbarer Schnitzaltar in der Stephanikirche zeigt die Marienkrönung mit musizierenden Engeln, mit Heiligenfiguren in den Flügeln und Bildern zur Leidensgeschichte Christ. Ein solcher Altar findet sich mit nur geringen Abwandlungen auch in der nur ca. 40 km entfernten Kirche St. Peter und Paul in Wegeleben bei Halberstadt. Beide sind mit großer Sicherheit in derselben noch unbekannten Werkstatt entstanden.

Simon Stappen zählt zu den bedeutendsten Holzbildhauern des 16. Jh. im Braunschweiger Raum. Seine bekanntesten Werke sind das liebenswerte Eulenspiegelhaus, eines der ältesten Häuser in Osterwieck, das Huneborstelsche Haus in Braunschweig mit seinem reich gestalteten Figurenfries und das sogenannte Brusttuch, eines der schönsten Patrizierhäuser Goslars.

Taubentürme wie im Schäfers Hof findet man in der näheren Umgebung auch in Rhoden, in Veltheim oder in der Westerburg. Früher auf Rittergütern und Bauernhöfen weit verbreitet, standen sie auf Holzständern oder Steinsockel zum Schutz vor Räubern, wie Marder oder Ratten. So wurden sie oft zum architektonischen Blickpunkt in der Mitte einer Hofanlage. Aber es gab sie auch schon im Alten Ägypten, im Nildelta, aus ungebrannten Ziegeln gebaut. Dort waren es Brieftauben, die das für die Landwirtschaft so wichtige Eintreffen der Nilflut frühzeitig ankündigen sollten.

Auf Resten der alten Stadtmauer in der Schulzenstraße stehen Steinskulpturen wie Vasen Büsten und Sphingen. Das Schloss Salzdahlum bei Wolfenbüttel wurde 1694 für Herzog Anton Ulrich erbaut. Ende des 18. Jh. begannen die Gebäude zu verfallen, die Plastiken stürzten um. 1810 wurden Inventar und Kunstschätze versteigert. Das Schloss wurde abgerissen. Kapitelle. Säulen und Skulpturen finden sich noch heute in Parks, Höfen und Wohnungen der Umgebung, so wie auch hier in Osterwieck.

Die im frühen 13. Jh. erbaute Nikolaikirche birgt einen wertvollen Flügelaltar. Er wird er der “Halberstädter Schule unter dem Einfluss des Conrad von Soest“ zugeschrieben. Dessen Hauptwerke findet man in Dortmund und in Bad Wildungen. Bei unzähligen Flügelaltären, die in dieser Zeit entstanden sind, fehlen oft nähere Angaben. So kann man immer wieder lesen, dass sie „unter dem Einfluss“ des Conrad von Soest entstanden sind, auch wenn dies nur ganz bedingt zutrifft.

Eine besondere Verbindung gibt es noch in Osterwieck: Die alte Schule am Stephanikirchhof wurde zu einem Inschriftenhaus umgestaltet, das in der Tradition der Osterwiecker Fachwerkhäuser steht. Zitate und Weisheiten aus der Antike bis in unsere Zeit, von Euripides bis Willy Brandt sind an der Fassade angebracht worden, und weitere werden noch folgen.